Martin Lantzsch-Nötzel 

In Dresden am 3. Juni 1894 geboren, wächst Arno Martin Lantzsch-Nötzel in Düsseldorf auf, besucht ab 1912 die Kunstgewerbeschule und bald darauf die Düsseldorfer Akademie der Bildenden Künste. Unterbrochen durch den Ersten Weltkrieg setzt er sein Studium 1919 fort und besucht in den folgenden Jahren Paris, Brüssel, Zürich und Kopenhagen. Häufiger und für längere Zeiten lebt der Kunststudent jetzt auch in Amsterdam. In Düsseldorf wird er Meisterschüler von Thorn Pricker (einem Niederländer) und von Heinrich Nauens.

 

kuenstler

Selbstbildnis als 21-jähriger – 1915

1926 beendet er sein Studium. Unversehrt aus dem Krieg zurückgekehrt, fasst er schnell wieder Fuß und vollzieht Ende der 40er Jahre überlegt und undogmatisch den Schritt in die abstrakte Malerei. Sein Malstil wird freier und beschwingter, sodass seine Werke ab 1952 dem deutschen Informel zuzurechen sind. Doch arbeitet er, ohne den Kontakt zu seinen jüngeren Malerkollegen zu suchen. Er stirbt am 1. Januar 1986 in Düsseldorf.

 

Das frühe Werk bis 1939

  

Waldlichtung – 1921

  

1924

Das Frühwerk Lantzsch-Nötzels belegt bald die aktive Suche Lantzsch-Nötzels nach einem eigenen Stil. Dabei orientiert er sich vorrangig an den Künstlern des deutschen Expressionismus. Aber auch Käthe Kollwitz oder Max Liebermann klingen an. Deutlicher noch wird ein anthroposophisches Interesse in den Zeichnungen der 20er Jahre sichtbar. Kandinsky wird später eine große und anhaltende Faszination auf den jungen Maler ausüben. Auch er sucht nach dem Geistigen in der Malerei. Aus den 30er Jahren ist eine astrologische Veröffentlichung des Malers überliefert. Seinen Lebensunterhalt sichert sich Lantzsch-Nötzel als Porträtmaler.

 

Reihung – 1923

 

Die Nachkriegsjahre bis 1952

Im Zweiten Weltkrieg wurde Lantzsch-Nötzel als Dolmetscher und Übersetzer in den Niederlanden stationiert. Wohl 1944 trafen Bomben sein Atelier in der Nähe des Düsseldorfer Malkastens, wobei der Maler nicht nur einen großen Teil seines damaligen Schaffens verlor (etwa 3000 Zeichnungen und Ölgemälde), sondern auch seine Atelierwohnung. Mittellos aber unversehrt konnte er nach Kriegsende im Schwarzwald bei einer Freundin in Bad-Liebenzell unterkommen.
Hier gelang es ihm, sich mit Porträtaufträgen und Zeichenunterricht nicht nur langsam eine bescheidene Existenz zu begründen,  sondern fernab der Kunstzentren dennoch den Anschluss an die aktuellen Strömungen und Entwicklungen in der Kunst zu gewinnen.
Ende der 40er Jahre, etwa ab 1948 beginnt die wichtigste Schaffensphase im Lebenswerk. Jetzt verliert der Gegenstand in seinen Arbeiten zunehmend an Bedeutung und löst sich zu stark abstrakten Kompositionen auf. Bald lässt sich der figurative Ausgangspunkt nur noch erahnen, während sich Fläche, Linie und Farbe verselbständigen. Eine umfangreiche Einzelausstellung in Calw im Sommer 1949 präsentiert bereits etwa zur Hälfte abstrakte Werke.

 

  

1949

  

1949

1951 reist Lantzsch-Noetzel in die Niederlande. Hier entsteht in rascher Folge eine Suite aus Aquarellen und Gouachen, die das typische erdige Kolorit der 1940er Jahre durch farbige, strahlende Farbwerte ersetzt und die Palette dauerhaft aufhellt. Gleichzeitig verändert der Maler die Technik seines Farbauftrags. Lockerer und immer freier im Malduktus bringt er die dünnflüssige Farbe jetzt auf das Papier und dynamisiert auch die Bildkompositionen. Inhaltliche Assoziationen an die Landschaft im Schwarzwald lassen sich im engen Kontext mit den zuvor entstandenen gegenständlichen Arbeiten noch erkennen, sind aber ohne den sorgfältigen Vergleich nicht mehr zu entschlüsseln.

Die Konsequenz, mit der Lantzsch vorgeht und seine Arbeitsweise ändert, lässt die Amsterdammer Aquarelle in der Retrospektive zum entscheidenden Wendepunkt seiner künstlerischen Biografie werden. Die Suite, die nach Rückkehr in Bad Liebenzell noch einmal erweitert wird, bildet den Beginn seiner Hauptschaffensphase, in der sich der Maler als ein wichtiger Vertreter des deutschen Informel der 50er und frühen 60er Jahre behaupten kann.
1952 schließt Lantzsch-Nötzel seinen Aufenthalt in Bad Liebenzell ab und kehrt nach Düsseldorf zurück. Sein Interesse an ungegenständlichen Kompositionen ist nun bestimmend, er arbeitet fast ausschließlich abstrakt.

 

Das reife Werk bis 1986

Das schnelle dynamische Zeichnen dominiert jetzt das Schaffen bis in die späten 50er Jahre. Immer neue zeichnerische Techniken finden sich auf unterschiedlichen Papieren: Pastell, Aquarell, Gouache, Bleistift und Kohle. Ab Mitte der 50er Jahre erweitert der Maler sein künstlerisches Repertoire und gewinnt neue Ausdruckskraft in der Ölmalerei. Die Formate werden größer, die Farbe erhält Zuschlagsstoffe, reines Pigment kommt zum Einsatz und / oder die Leinwand wird besonders präpariert, beispielweise mit Gips. Der Malgestus wird bewegter.

 

  

1955

  

1959

Diese sehr kreative Schaffensphase seit Ende der 40er Jahre bis Mitte der 60er Jahre repräsentiert die Hauptschaffensphase von Martin Lantzsch-Nötzel. Die Stiftung dokumentiert heute ein hochqualitatives facettenreiches Werk, mit dem Lantzsch-Nötzel zu den führenden Vertretern des deutschen Informel zu rechnen ist. In der zweiten Hälfte der 60er Jahre wird seine Arbeitsweise noch einmal experimenteller. Die Mischtechnik wird durch das Aufsprühen von Pigmenten belebt. Grannen kommen zum Einsatz, Japanpapiere verstärken die Strukturen des Bildeindrucks.

 

1954

 

Wie im Kontrast dazu wird zum Ende des Jahrzehnts auch der Tuschpinselmalerei gewichtiger Raum eingeräumt. 1972 entsteht eine überzeugende Suite, die spielerisch auch frühere Motive zitiert. Parallel dazu wird eine Sinnfindung für seine Bildformen spürbar. Sie führt den Maler im Spätwerk zu kleinformatigen meditativen Bild- und Farbräumen, die er als Anklänge des unendlichen Universums interpretiert und als Ausschnitt der unfassbaren Schöpfung versteht. Lantzsch-Nötzel verstirbt im hohen Alter von 91 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in Düsseldorf.

 

1951

 

 

1963

 

 

1968